Neue Leitungen verbessern den Materialfluss bei Gardena
„Wer sich unser Anlagenschema nur sporadisch anschaut, benötigt zunächst eine Weile, um sich erneut zurechtzufinden“, umschreibt Jürgen Röck die Entwicklung. Röck ist bei der Gardena Manufacturing GmbH in Heuchlingen für die Bereiche Maintenance Buildings & Equipment sowie Energy Supply mitverantwortlich.
Als Teil der Business Unit OEM/EPB (External Parts Business), produziert das Unternehmen in Heuchlingen Kunststoffteile mit einem Teilegewicht von 0,1 bis 8.500 Gramm – sowohl für das Eigenprogramm des Gartengeräteherstellers als auch für externe Kunden. Die mittlerweile rund 100 Spritzgießmaschinen des Werks mit Schließkräften von 150 bis 20.000 kN verarbeiten jährlich etwa 11.000 Tonnen Kunststoffe – rund um die Uhr an sieben Tagen in der Woche.
Mit Material werden die Maschinen zwar überwiegend aus 18 Silos versorgt, doch wird auch viel Sackware verarbeitet. Verteilt wird es über eine zentrale Materialversorgung mit einem maschinenbezogenen System, das heißt, zu jeder Maschine führt eine Leitung. „Eine andere Lösung bietet sich bei unserer Materialvielfalt nicht an. Hinzu kommt unser sehr heterogener Produktionsmix, der sich je nach Jahreszeit und Saison aus sehr großen sowie zahlreichen kleineren Aufträgen zusammensetzt“, erläutert Röck.
Das zur Materialförderung benötigte Vakuum beziehen die meisten Fördergeräte bei Gardena von einem Permanent-Zentralvakuumsystem. Ein Vorteil dabei ist, dass gleichzeitig mehrere Fördergeräte fördern können, was eine insgesamt höhere Förderleistung ermöglicht. Für das Permanent-Zentralvakuum sind vier Pumpen mit jeweils 22 kW Anschlussleistung installiert, von denen unter normalen Bedingungen durchschnittlich zwei laufen. Die Steuerung sorgt dafür, dass die Pumpenlaufzeiten und damit die Betriebsstunden gleichmäßig verteilt sind. Daneben gibt es noch ein konventionelles Mehrstellenfördersystem (Linienvakuum) mit einer 5,5 kW-Pumpe.
Der Zahn der Zeit – und die vermehrte Verarbeitung von glasfaserverstärkten Kunststoffen – nagten bereits länger an den Material- und Vakuumleitungen. Ein „durchgeschossener“ Bogen ist einfach zu finden, da dort Material „herausschießt“. Doch bevor es soweit ist, entstehen Undichtigkeiten, die durch erhöhte Pumpenleistung ausgeglichen werden müssen. Interessant ist, dass der Verschleiß nicht nur in den Materialleitungen auftrat, sondern auch in den Vakuumleitungen. Die im glasfaserverstärkten Material enthaltenen Stäube verursachen diesen Effekt bevor sie im Zentralfilter ausgeschieden werden.
Energieeffiziente Materialtrocknung
Im Rahmen einer früheren umfassenden Modernisierung hat Motan-Colortronic bei Gardena eine Zentraltrockungsanlage aufgebaut. Dabei bilden vier Luxor-Trockenlufttrockner, die über eine Sammelleitung mehrere Trocknungstrichter mit trockener Luft versorgen, einen Verbund. Die Trockenluftversorgung erfolgt über die vier zusammen geschalteten Trockneraggregate, die eine zentrale Steuerung überwacht und regelt. Dabei variiert die Luftleistung entsprechend der individuellen Anforderung der Anlage zwischen 0 und 4800 m3/h. Die Trockner verfügen über drehzahlgeregelte Prozessluftgebläse. Zusätzlich werden sie bedarfsabhängig automatisch ab- und wieder zugeschaltet. Die Regelung der Prozessluft erfolgt durch das ETA plus System, das sowohl den individuellen Prozessluftbedarf der einzelnen Trockentrichter, wie auch den Gesamtbedarf analysiert und regelt. Dadurch wird jedem Trockentrichter nur so viel Energie zur Verfügung gestellt, wie zum Erreichen und Halten der geforderten Materialkonditionen benötigt.
Im Hinblick auf ein seinerzeit bereits geplantes Blockheizkraftwerk (BHKW) wurde zur weiteren Energieeinsparung eine zusätzliche Schnittstelle in den Heizkreis des Trocknungssystems implementiert. Um die Wärme zu nutzen baute das Unternehmen in der Fertigung ein ausgeklügeltes Warmwassernetz auf. Im letzten Schritt der Modernisierung wurde auch die Trocknungsanlage daran angeschlossen. Die Trockentrichter sind nun über Luft-Wasser-Wärmetauscher mit diesem hauseigenen Fernwärmenetz verbunden.
Umbau der Material- und Vakuumleitungen bei laufendem Betrieb
Die große Herausforderung beim letzten Schritt der Modernisierung war, diese bei laufendem Betrieb durchzuführen. Insgesamt waren 2.500 Meter Rohrleitungen aus VA-Stahl und mehrere hundert Bögen aus Glas und gehärtetem VA-Stahl zu verlegen und zu installieren. Zugleich sollte eine Erweiterung des Permanent-Zentralvakuums erfolgen, an das weitere Maschinen angeschlossen wurden. Koordiniert und realisiert wurde das Projekt von Motan-Colortronic.
Je nach Aufgaben waren zwischen drei und sechs Monteure auf der Baustelle. Lediglich für die Erweiterung des Zentralvakuums sowie den Anschluss weiterer Maschinen war ein Produktionsstillstand von einer knappen Woche erforderlich. Um für künftige Erweiterungsmaßnahmen am Zentralvakuum gewappnet zu sein, wurden an strategisch wichtigen Stellen zahlreiche Absperrschieber eingebaut. So lassen sich künftig einzelne Bereiche vom Vakuum besser trennen, ohne die Produktion im Ganzen zu beeinträchtigen.
Zur Vorbereitung war das Projekt voll durchgeplant. Die Rohre kamen als sechs Meter lange Stangenware und wurden vor Ort auf Länge zugeschnitten. Auch alles andere sind Standardprodukte, etwa die Kupplungen, Bögen und Schläuche, die ebenfalls auf Länge zugeschnitten werden mussten. Auf diese Weise tauschten die Monteure Leitung für Leitung aus. Das Material wurde dabei über ein ausgeklügeltes „Umleitungssystem“ zu den entsprechenden Maschinen gefördert. Nachdem die jeweils neue Leitung installiert war, konnte auf diese umgekoppelt werden. So musste die betroffene Maschine, wenn überhaupt, nur für eine kurze Zeit angehalten werden.
Geplant für den gesamten Umbau war ein zugegeben „sportliches“ Zeitfenster von sieben Wochen, acht sind es am Ende geworden. Ausgeführt wurden die Arbeiten von einem motan-colortronic Montageteam das bereits viele Jahre bei Gardena eingesetzt wird und die Fertigung entsprechend gut kennt. Mit Motan-Colortronic arbeitet Gardena bereits seit 1990 zusammen. So kommt es übrigens nicht von ungefähr, dass sich in der Gardena-Fertigung gleich mehrere Generationen von Motan-Geräten finden.
Das stetige Wachstum eines Unternehmens ist eine erfreuliche Angelegenheit. In den Produktionsbereichen erfordert es jedoch eine gewisse Kreativität, um den wachsenden Anforderungen gerecht zu werden.